Lock-in or log out?
Digitale Souveränität beschreibt die Fähigkeit einer Nation oder Organisation, ihre digitalen Angelegenheiten autonom zu kontrollieren, ohne von externen Einflüssen abhängig zu sein. Diese Kontrolle über Daten, Infrastruktur, Technologie und digitale Ressourcen ist für verschiedene Stakeholder wie Unternehmen, den Staat und Bürger*innen von entscheidender Bedeutung. Trotzdem ist sie bei Weitem nicht immer gegeben.
Das liegt vor allem an der aktuellen Dominanz nicht europäischer Anbieter auf dem Markt für digitale Produkte wie Cloud-Computing-Dienste, Betriebssysteme oder proprietäre Software. Sie bringt das Risiko mit sich, in eine Abhängigkeit zu geraten, die den Wechsel zu anderen Anbietern kaum noch zulässt: der sogenannte Lock-in-Effekt. Wir haben einige Zahlen und Fakten zusammengetragen, um die Konsequenzen dieses Effekts für die unterschiedlichen Nutzergruppen zu illustrieren.
![Ein Balkendiagramm, das deutlich macht, dass deutsche Unternehmen deutlich weniger für F&E von Computer und Software ausgeben: Auf den ersten Plätzen Alphabet, Meta und Microsoft, gefolgt von Tencet, Oracle und AliBaba. Danach kommt SAP, mit großem Abstand zu den obersten Plätzen.](/fileadmin/_processed_/f/8/csm_ausgaben_forschungentwicklung_54f863d5c2.png)
Ausgaben für Forschung und Entwicklung von Software und Computerservices weltweit (2023, erhoben durch die Europäische Kommission)
Unternehmen: Forschung statt Abhängigkeit
Unternehmen stehen vor der Herausforderung, ihre Prozesse effizient zu digitalisieren, ohne dabei von externen Anbietern abhängig zu sein. Dabei befinden sich Deutschland und Europa im Wettbewerb um digitale Souveränität mit globalen Akteuren wie den USA und China. Investitionen in die Forschung und Entwicklung von Software und Computerservices finden in Deutschland und Europa zwar statt, aber im Vergleich zu den USA und China auf einem deutlich geringeren Niveau.
Bürger*innen: Die Macht über unsere Daten
Die digitale Kompetenz aller Bürger*innen ist die Grundlage für die digitale Souveränität unserer Gesellschaft. Sie beginnt in den Köpfen der einzelnen und ist untrennbar mit der Kontrolle über ihre persönlichen Daten verbunden. Wie die Menschen in Deutschland dazu stehen und was sie tun, um ihre Daten zu schützen, zeigt eine Befragung, die das Team des Digital Autonomy Hubs der GI durchgeführt hat.
![48% vermeiden bestimmte Anbieter aufgrund von Bedenken rund um Datenschutz. 58% löschen Daten über ihre Onlineaktivitäten (z.B. Cookies und Browserverläufe). 64% verwenden verschiedene Passwörter für verschiedene Dienste 39% lehnen bei Bannern auf Websites die Cookies zu Marketingzwecken ab, auch jene im Abschnitt „berechtigtes Interesse“ 37% konfigurieren die Einstellungen ihrer Geräte und Anwendungen so, dass Zugriff auf sensible Daten verwehrt wird 26% nutzen verschlüsselte Kommunikation 18% nutzen VPN 12% nutzen datenschutzfreundliche Alternativen zu verbreiteten Geräten und Anwendungen](/fileadmin/GI/Projekte/Magazin/Ausgabe_6/SchutzvonpersoenlichenDaten.png)
Maßnahmen zum Schutz persönlicher Daten, erhoben in einer Studie des Digital Autonomy Hub
![](/fileadmin/GI/Projekte/Magazin/Ausgabe_6/opensource_verwaltung.png)
So hoch war einer Studie der Europäischen Kommission zufolge der wirtschaftliche Mehrwert, den Unternehmen in der EU aufgrund von Investitionen in Open Source in Höhe von einer Milliarde Euro erwirtschaftet haben.
Im Stil eines Rollenspiels will der Arbeitskreis Open Source bei seinem Workshop am 26.09. kontrovers über das Thema diskutieren. Jetzt anmelden:
Politik: Mehr Open Source in der Verwaltung
Auf politischer Ebene spielt die Gestaltung von Rahmenbedingungen eine zentrale Rolle. So wurde im Koalitionsvertrag und in der Digitalstrategie der Bundesregierung für 2024 das klare Ziel formuliert, die digitale Souveränität der Verwaltung zu stärken, indem Open-Source-Software gefördert wird. Dennoch kritisiert die GI in einem offenen Brief das insgesamt knapp bemessene Budget für Open-Source-Projekte und betont, dass für einen konsequenten Kurswechsel mindestens die gleichen Staatsausgaben für Open-Source-Lösungen wie derzeit für proprietäre Angebote und Cloud-Services notwendig wären.
Schlüsselaspekte digitaler Souveränität
Lust, noch tiefer in das Thema einzutauchen? Ein umfangreiches Arbeitspapier der GI bietet weiteren Input:
zur Publikation
Sehen wir uns im September?
Das INFORMATIK FESTIVAL 2024 bietet viele Gelegenheiten, das Thema digitale Souveränität aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten und sich mit der Informatik-Community über aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen auszutauschen: