Lock-in or log out?

TEXT Christina Stertz

Im September trifft sich die Informatik-Community auf der GI-Jahrestagung, um über digitale Souveränität zu diskutieren: ein Thema, das Politik, Wirtschaft und auch Bürger*innen umtreibt. Ein Überblick.

Digitale Souveränität beschreibt die Fähigkeit einer Nation oder Organisation, ihre digitalen An­gelegenheiten autonom zu kontrollieren, ohne von externen Einflüssen abhängig zu sein. Diese Kontrolle über Daten, Infrastruktur, Technologie und digitale Ressourcen ist für verschiedene Stakeholder wie Unternehmen, den Staat und Bürger*innen von entscheidender Bedeutung. Trotzdem ist sie bei Weitem nicht immer gegeben.

 

Das liegt vor allem an der aktuellen Dominanz nicht europäischer Anbieter auf dem Markt für digitale Produkte wie Cloud-Computing-­Dienste, Be­triebs­systeme oder proprietäre ­Software. Sie bringt das Risiko mit sich, in eine Abhängigkeit zu geraten, die den Wechsel zu anderen Anbietern kaum noch zulässt: der sogenannte Lock-in-Effekt. Wir haben einige Zahlen und Fakten zusammenge­tragen, um die Konsequenzen dieses Effekts für die unterschiedlichen Nutzer­gruppen zu illustrieren.

Unternehmen: Forschung statt Abhängigkeit

Unternehmen stehen vor der Herausforderung, ihre Prozesse effizient zu digitalisieren, ohne dabei von externen Anbietern abhängig zu sein. Dabei befinden sich Deutschland und Europa im Wettbewerb um digitale Souveränität mit globalen Akteuren wie den USA und China. Investitionen in die Forschung und Entwicklung von Software und Computerservices finden in Deutschland und Europa zwar statt, aber im Vergleich zu den USA und China auf einem deutlich geringeren Niveau.

Bürger*innen: Die Macht über unsere Daten

Die digitale Kompetenz aller Bürger*innen ist die Grundlage für die digitale Souveränität unserer Gesellschaft. Sie beginnt in den Köpfen der einzelnen und ist untrennbar mit der Kontrolle über ihre persönlichen Daten verbunden. Wie die Menschen in Deutschland dazu stehen und was sie tun, um ihre Daten zu schützen, zeigt eine Befragung, die das Team des Digital Autonomy Hubs der GI durchgeführt hat.

https://digitalautonomy.net/

Im Stil eines Rollenspiels will der Arbeitskreis Open Source bei seinem Workshop am 26.09. kontrovers über das Thema diskutieren. Jetzt anmelden:

gi.de/akos-workshop

Politik: Mehr Open Source in der Verwaltung

Auf politischer Ebene spielt die Ge­staltung von Rahmenbedingungen eine zentrale Rolle. So wurde im Koalitions­vertrag und in der Digital­strategie der Bundes­regierung für 2024 das klare Ziel formu­liert, die digitale Souveränität der Verwaltung zu stärken, indem Open-Source-Software gefördert wird. Dennoch kritisiert die GI in einem offenen Brief das insgesamt knapp bemessene Budget für Open-Source-Projekte und betont, dass für einen konsequenten Kurswechsel mindestens die gleichen Staatsausgaben für Open-Source-Lösungen wie derzeit für proprietäre Angebote und Cloud-Services notwendig wären.

gi.de/offenerbrief-opensource

Schlüsselaspekte digitaler Souveränität
Lust, noch tiefer in das Thema einzutauchen? Ein umfangreiches Arbeitspapier der GI bietet weiteren Input:
zur Publikation

Sehen wir uns im September?
Das INFORMATIK FESTIVAL 2024 bietet viele Gelegenheiten, das Thema digitale Souveränität aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten und sich mit der Informatik-­Community über aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen auszutauschen:

informatik2024.gi.de