Ausflüge in die Informatik

INTERVIEW Alexandra Resch

Katharina Hölscher hat Wirtschaftsinformatik studiert, in Unternehmen gearbeitet und unterrichtet nun Informatik an einer Schule in Niedersachsen. Im Interview spricht sie darüber, wie sie als Quereinsteigerin den Informatikunterricht erlebt.

Frau Hölscher, Sie sind seit 2019 Lehrerin. Erinnern Sie sich noch an Ihre ersten Eindrücke?

Zum ersten Mal stand ich vor einer zehnten Klasse, die noch gar keinen Informatikunterricht hatte. Ich war überrascht, wie schlecht einige Jugendliche mit Computern umgehen konnten. Smartphones oder Tablets waren sie gewohnt, aber das Speichern und Ablegen von Dateien zum Beispiel war ihnen völlig neu. Das macht das Unterrichten natürlich nicht einfacher, denn für komplexere Aspekte des informatischen Arbeitens wie beispielsweise das algorithmische Problemlösen ist der sichere Umgang mit dem PC eine Voraussetzung. Solche Grundlagen der Computerkompetenz sollten viel früher gefördert und geübt werden.

Wie kann das gelingen?
Eltern sollten ihren Kindern schon früh Zeit am Computer ermöglichen. Es müssen ja nicht gleich Spiele sein. Gerade kleine Kinder haben richtig Freude daran, einfach einen Text einzutippen und die Schriftart und -farbe auszuwählen. Wenn diese Begeisterung nicht schon früh geweckt wird, ist es oft schwer, sie später zu entfachen. Jugendliche gehen nicht mehr so spielerisch an das Thema heran.

Wie bringen Sie Ihren Klassen die Relevanz des Fachs näher?

Ich möchte Kindern vor Augen führen, wie sehr ihr Alltag durch Informatik geprägt ist. Das mache ich unter anderem durch Beispiele aus dem Alltag der Jugendlichen oder durch Ausflüge, etwa ins örtliche Autohaus. Dort lassen sich viele Sensoren erkunden, die in einem modernen Auto zu finden sind: Woher weiß der Wagen, dass es dunkel ist, wenn er nachts automatisch die Lichter anmacht? Auch im Supermarkt waren wir schon unterwegs, um informatische Systeme genauer anzuschauen. Einige davon haben wir danach mithilfe eines Mikrocontrollers im Unterricht programmiert.

Was braucht es noch, um junge Menschen fit für den Umgang mit informatischen Systemen zu machen?

Zusätzlich könnte fächerübergreifender Unterricht helfen, Kindern Medienkompetenz zu vermitteln: etwa wenn sie im Ethikunterricht über Datenschutz sprechen oder für Französisch einen kleinen Vokabeltrainer programmieren. Dafür fehlt im Alltag oft die Zeit, das müsste stärker gefördert werden.

Sie haben früher in Unternehmen gearbeitet.
Zeigt sich das im Unterricht?

Auf jeden Fall. Im Umgang mit Schülerinnen und Schülern hilft es enorm, dass ich bereits Erfahrungen in der Wirtschaft gesammelt habe – vor allem, wenn es um Berufsperspektiven geht. Gerade für Mädchen ist es zudem wichtig zu sehen, dass es auch Expertinnen in diesem Fach gibt. Deshalb habe ich auch ein Poster von Ada Lovelace in unserem PC-Raum aufgehängt ...

War es für Sie schwierig, ins Lehramt zu wechseln?

Ich hatte erst versucht, eine Stelle an einer öffentlichen Schule zu bekommen. Das war so kompliziert, dass ich es aufgegeben habe. Nun bin ich an einer privaten Schule tätig, was den Quereinstieg deutlich einfacher gemacht hat. Trotzdem ist es schade, dass man Menschen, die Lust auf diesen Beruf haben, so viele Steine in den Weg legt. Wer Informatik studiert hat, kann in der freien Wirtschaft sehr viel mehr Geld verdienen als in der Schule – umso einfacher sollte man Interessierten den Einstieg machen.

Lust auf eine neue Aufgabe?

Mit dem Projekt „Werde Informatiklehrer*in“ möchten die GI und die Carl Zeiss Stiftung (Um-)Wege aufzeigen und Informationen anbieten, um Frauen bei einem Quereinstieg ins Informatiklehramt zu unterstützen:
informatiklehrerin.de