Memoiren einer
Whistleblowerin

Hätte das Café des Buchladens an einem kalten Wintertag im Januar 2010 nur eine Stunde eher geschlossen, es wäre vermutlich nie zu diesem Paukenschlag gekommen. Denn hier zog sich minütlich das Zeitfenster zu, in dem es Chelsea Manning möglich war, Zehntausende Dokumente über ein quälend langsames WLAN an die Enthüllungsplattform WikiLeaks zu übertragen – düstere Zeugnisse des amerikanischen Einsatzes in Afghanistan und im Irak, wo Manning selbst als Analystin stationiert war.
README.txt beschreibt die Umstände und Motive, die zu Mannings Entschluss führten, diese als geheim eingestuften Daten zu veröffentlichen, sowie das verstörende Video eines Hubschraubereinsatzes in Bagdad, bei dem unter anderem zwei Journalisten getötet und zwei Kinder schwer verletzt wurden, bekannt geworden als „Collateral Murder“. Manning berichtet von ihrer Hacker-Vergangenheit in den frühen Zeiten des Internets, Gay Clubs, Chatrooms und der Unmöglichkeit, die Menschen hinter den Zahlen auszublenden.

Ihr Buch handelt auch von der Erfassung und der Geheimhaltung von bis ins Persönlichste hineinreichenden Informationen über Menschen und militärische Operationen – und vom Preis einer radikalen Transparenz, den Manning und Julian Assange, Netzaktivist und Gründer von WikiLeaks, dafür zahlen. Chelsea Manning legt in weiten Teilen des Buchs gleichzeitig einen sehr persönlichen und schonungslos offenen Bericht, ja ein Statement, über ihre Gefangenschaft und Selbstverwirklichung als Trans-Person ab. Fazit: ein leidenschaftliches und packendes Buch, oft verzweifelt erzählt, aber voller Unbeugsamkeit. Empfehlenswert.