„Heutzutage sind alle ein bisschen zu Nœrds geworden"

INTERVIEW Alexandra Resch

Rolf Drechsler ist einer von zwei Köpfen hinter den Nœrdman-Comics, die in der
Informatik-Community schon seit Jahren jeden Montag geteilt und gefeiert werden –
und die ab sofort auch in der .inf einen festen Platz bekommen. Im Interview spricht
er über Humor, die Suche nach Themen und überraschendes Feedback.

Herr Drechsler, was machen Sie eigentlich, wenn Sie nicht gerade Comics herausgeben?

Rolf Drechsler    Ich bin Professor für Rechnerarchitektur an der Uni Bremen, und das seit mehr als 20 Jahren. Primär befasse ich mich mit Test und Verifikation, also der Sicherstellung von Korrektheit technischer Systeme. Was uns aktuell gerade sehr beschäftigt, ist das Thema Emerging Technologies: also die Frage, wie wir die Rechner der Zukunft bauen.

Bleibt da noch genug Zeit für den Nœrdman?

RD    Ja, Jannis Stoppe und ich haben für die Entwicklung der Comics eine sehr gute Routine gefunden. Meistens tauschen wir uns einmal die Woche aus und legen fest, welches Thema wir als Nächstes umsetzen. Und nach fünf Jahren geht das ganz schön schnell.

Wie kommen Sie auf Ideen für die Comics?

RD    Wir haben häufig den Eindruck, dass das Leben die besten Geschichten schreibt – auch wenn es um Informatik geht. Manchmal erlebt man etwas und denkt plötzlich, eigentlich ist das so absurd, was wir gerade machen. Aus solchen Situationen sind schon viele Nœrdman-Comics entstanden. Oft fallen uns auch im Alltag Themen auf, zu denen wir noch nichts gemacht haben. Und davon gibt es ja unendlich viele. Die Digitalisierung berührt heute alle Lebensbereiche – mein Eindruck ist, dass dadurch auch alle zumindest ein wenig zu Nerds geworden sind.

Neues aus dem Nœrden

Der Nœrdman, ein ­Webcomic über Technik, Nerds und den ­Norden hat mittlerweile viele Fans in ganz Deutschland und darüber hinaus. Neben ­seinen Auftritten im Web – und ganz neu auch in der .inf – ist der Nœrdman auch schon als Buch erschienen.

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Sind wir also alle ein bisschen Nœrdman?

RD    Nicht unbedingt, aber ich finde schon, dass diese Begeisterung für Technologie mittlerweile sehr viel breiter in der Gesellschaft verankert ist. Ich hatte damals mit zehn Jahren meinen ersten Computer und das war damals noch sehr exotisch. Mit diesen Comics wollen wir Menschen aber auch auf neue Trends oder Entwicklungen hinweisen, die sie in Zukunft umtreiben werden. Deswegen befasst sich der Noerdman oft mit Begrifflichkeiten, die jemand ohne Informatik-Hintergrund vielleicht noch gar nicht kennt – und so vielleicht angeregt wird, sich mal damit auseinanderzusetzen.

Informatik und Popkultur sind schon immer eng miteinander verbunden. Spielt Ihnen das in die Karten?

RD    In dieser Disziplin passiert natürlich wirklich viel. Es gibt wohl kein Feld, das das Sozialverhalten in so kurzer Zeit so grundlegend verändern kann. Und durch Science-Fiction-Filme, aber auch Marketing ist die Informatik immer und überall präsent. Nehmen wir das Beispiel KI. Da wird eine Kaffeemaschine mit KI beworben, wobei am Ende nur gezählt wird, wie viele Kaffeetassen von welcher Sorte ausgewählt ­wurden – das ist Zählen und Sortieren und hat zunächst nichts mit KI zu tun. Das erinnert mich an eine Welle vor etwa 25 Jahren, als das Hype-Thema Fuzzy Logic war und alle möglichen Produkte damit beworben wurden. Das kennt heute kaum noch jemand. Hier braucht es auf jeden Fall etwas kritische Distanz – und die kann der Nœrdman sehr gut verkörpern.

Sicher nicht immer einfach, dass dabei der Humor nicht auf der Strecke bleibt …

RD    Wir haben nicht den Anspruch, dass die Leute sich beim Lesen auf die Schenkel klopfen vor lauter Lachen. Gleichzeitig wollen wir aber auch nicht mit erhobenem Zeigefinger wahrgenommen werden. Aber ich finde, die Balance gelingt uns ganz gut. Das wird uns auch immer wieder gespiegelt.

Offensichtlich, denn der Nœrdman hat mittlerweile viele Fans weltweit. Gibt es ein Feedback, über das Sie sich besonders gefreut haben?

RD    Wir haben eine sehr treue Fangemeinde, die unsere Posts auf Social Media likt, teilt und kommentiert. Dieser ständige Support treibt uns enorm an. Ein persönliches Highlight war, dass mir nach einem Interview bei einem Lokalsender hier in Bremen eine Dame, die vom Klang der Stimme her jenseits der 70 war, auf den Anrufbeantworter gesprochen hat: Sie würde nicht immer alles verstehen, aber sie finde es ganz toll, was wir da machen. Das hat mich sehr berührt.

Ab sofort werden auch in der .inf ausgewählte Comics von Ihnen erscheinen. Was können unsere Leser*innen erwarten?

RD    Wir werden uns die Artikel und Themen der jeweiligen Ausgabe ganz genau anschauen – und mal sehen, vielleicht fällt dem Nœrdman auch etwas dazu ein.